Liebe Mitglieder!
Mittlerweile treten in allen Bundesländern Lockerungen in Kraft, in einigen Bundesländern dürfen (natürlich unter Einhaltung der Hygienevorschriften und Abstandsregelungen) neben Outdoor- auch Indoor-Sportarten mit dem Training beginnen, teilweise eröffnen auch die Tanzschulen. Auch hier in Bayern setzen wir uns als Präsidium dafür ein, dass unsere Tanzsportler ihrem Sport wieder nachgehen können.
Eine Möglichkeit dazu war für uns die Teilnahme an der Sendung „Sport im Abseits“ am 06.05. im BR. Unserer Meinung nach, konnten wir eindrucksvoll zeigen, unter welchen Bedingungen unsere Tanzsprotler (wenn überhaupt) trainieren müssen. Leider wurde der Beitrag bestehend aus Interviews mit den Tänzern Robin Goldmann, Stefani Ruseva, dem Trainer Carsten Lenz und dem LTVB-Präsidenten Rudolf Meindl stark verkürzt oder gar rausgeschnitten. Damit geriet der Tanzsport und viele weitere Sportarten (außer Fußball) in der Sendung tatsächlich „ins Abseits“.
All diese Gründe veranlassten jetzt unseren Präsidenten Rudolf Meindl dazu, einen offenen Brief an den Bayerischen Staatsminister des Innern, für Sport und Integration Joachim Herrmann zu schreiben, den wir hier veröffentlichen und auch zum Download bereit stellen:
München, 09. Mai 2020
Individualisierter Wiedereinstieg in den Leistungs- und Breitensport –
Umsetzung der Vierten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung
vom 05. Mai 2020
Sehr geehrter Herr Staatsminister,
Ich vertrete mit meinem Brief an Sie die Interessen tausender Leistungs- und Breitensportler*innen und unserer Vereinsvorstände im Tanzsport, die derzeit nicht den Eindruck haben, dass ein individualisierter und verantwortungsbewusster Wiedereinstieg in unsere Sportart möglich bzw. erlaubt ist, obwohl dies machbar wäre.
Bei dieser Gelegenheit darf ich Ihnen auch im Namen zahlreicher Mitglieder die Enttäuschung über Ihre Stellungnahme zum Ausdruck bringen, die Sie auf die Nachfrage des Moderators, in der Sendung „Sport im Abseits“ am 06.05.2020 im Bayerischen Fernsehen zum gesendeten Beitrag über den Tanzsport, geäußert haben. Leider kein Wort des Bedauerns von Ihnen über die Tatsache, dass Spitzenathleten ihr Training unter widrigen und gesundheitsgefährdenden Rahmenbedingungen in einer Tiefgarage seit Wochen absolvieren. Dazu sind die amtierenden Bayerischen Meister nicht gezwungen, aber sie sehen keine andere Möglichkeit, sich für den Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Wettkampfbetriebes fit zu halten. Eine Hoffnungslosigkeit, die nach der Sendung noch hoffnungsloser gemacht hat. Dies empfanden tausende unserer Mitglieder so, nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland, die vor den Fernsehern saßen.
Es kann nicht sein, dass ich als Präsident nach einer Fernsehsendung, die eigentlich dem Sport helfen sollte und für die unsere Sportler mehrere Stunden ihrer Zeit investiert haben, psychische Aufrichtarbeit und Seelenmassage leisten muss, um sie aus der Enttäuschung über den Umgang ihres Sportministers mit ihrer Problematik wieder rauszuholen und zu verhindern, dass sie vollends resignieren.
Die Entrüstung über die Art und Weise, wie die Politik in Bayern mit den sogenannten „Randsportarten“ – übrigens einer diskriminierenden offiziellen Bezeichnung – umgeht, ist sehr groß.
Mit diesen Verhaltensweisen, in dem berechtigte und begründbare Anliegen ohne jegliche Differenzierung vom Tisch gewischt werden, trägt nicht dazu bei, Hoffnung in einer für viele Menschen hoffnungslosen Zeit zu wecken.
Es fällt deshalb schwer, den Durchhalte- und Beschwichtigungsappellen des Bayerischen Ministerpräsidenten zu folgen, die er in der Manier des römischen Senators Cato laufend wiederholt („… im Übrigen bin ich der Meinung, dass ….“), dass wir Geduld haben sollen, dass wir Verständnis haben sollen, usw. ….verbunden mit der impliziten Botschaft, wir wissen schon was für Euch gut ist und wir machen das schon richtig, wenn im öffentlichen Fernsehen Entmutigung, statt Ermutigung erzeugt wird,
Ich muss Sie auch darauf aufmerksam machen, dass es nicht nur um die Frage des Wiedereinstiegs in den organisierten Leistungs- und Breitensport geht, sondern damit unmittelbar verbunden auch um die Frage der Existenz unserer Bayerischen Tanzsportvereine.
Zahlreiche Vereine sind nicht etwa als Tanzsportabteilungen einem Hauptverein angeschlossen, sondern sind eigenständige Vereine, mit eigenen Sportstätten, für die zum Teil nennenswert hohe Monatsmieten zu bezahlen sind, gerade in den Ballungsräumen wie z.B. München.
Unsere Tanzsportvereine finanzieren sich ausnahmslos nur durch Mitgliedsbeiträge und verfügen über keine Einnahmequellen aus Sponsoring oder Fernsehgeldern, wie es dem in der Fernsehsendung völlig überrepräsentierten Fussball, möglich ist.
Insofern war es geradezu makaber, wenn ich mir die Anmerkung erlauben darf, in der erwähnten Fernsehsendung mit dem Titel „Sport im Abseits“ den Ehrenpräsidenten des größten deutschen Sportvereins erleben zu müssen, der sehr zufrieden resümiert, dass sein Verein die Krise finanziell gut überstehen wird. Gemessen an der Problemstellung des Sports in Bayern, eine Themaverfehlung und eine Brüskierung nicht nur des Tanzsports, sondern ein Schlag ins Gesicht vieler nichtolympischer Sportverbände.
Viele unserer Vereine bangen zusehends um ihre Existenz, denn Austritte von Mitgliedern, die nach den Vereinssatzungen oft auch unterjährig möglich sind, können nicht durch Neuaufnahmen kompensiert werden. Ebenso finden generell keine Neueintritte statt, wenn von den Vereinen keine Leistungen angeboten werden können. Noch schlimmer, die Geduld der Vereinsmitglieder wird allmählich überstrapaziert, weil ihnen keinerlei Perspektiven für die Wiederaufnahme des Sportbetriebes gegeben werden können, weil weder die Politik noch der BLSV hierzu die Möglichkeiten geben, weshalb wir nun verstärkt mit Austritten rechnen müssen, die normalerweise nicht erfolgen würden.
Deshalb bitte ich Sie eindringlich, von der restriktiven Politik, wie sie derzeit in Bayern praktiziert wird, abzuweichen und generell den Sportfachverbänden und den ihnen angeschlossenen Vereinen, mehr Vertrauen zu geben, dass wir im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und im Rahmen der gesundheitsspezifischen Vorgaben, verantwortungsbewusst den Wiedereinstieg in den Sport organisieren und ermöglichen können. Dazu würden uns auch konkrete und klar benannte zeitliche Perspektiven helfen und nicht pauschale Vertröstungen auf den Tag X, den uns keiner benennen kann. Das reicht nicht aus, um enttäuschten und teils hoffnungslosen Menschen, gerade aber auch den Leistungssportlern, Hoffnung zu machen, damit sie eine greifbare Perspektive für den Wiedereinstieg haben und ihre sportliche Vorbereitung entsprechend gestalten können.
Gerade im Tanzsport haben wir viele Paare, die verheiratet sind bzw. zusammenleben und bei denen deshalb keine Ansteckungsgefahr besteht, die nicht privat auch bestünde. Ebenso erlauben es unsere Sportstätten, einzeln, paarweise oder in Kleingruppen unter Einhaltung der vorgeschriebenen Abstandsflächen und Hygienevorschriften, den Sportbetrieb allmählich wieder aufzunehmen.
Sie sagen doch selbst immer wieder vor laufenden Kameras, welche Bedeutung der organisierte Sport in Bayern für das Gemeinwohl hat.
Geben Sie uns doch bitte die Chance, unseren Beitrag hierfür zu leisten, gerade in dieser für viele Menschen hoffnungslosen und vereinsamenden Zeit.
Alle unsere Mitglieder haben vollstes Verständnis für die Maßnahmen zum Schutze der Gesundheit aller Menschen, denn wir wollen alle gesund sein und bleiben.
Wir Sportfunktionäre sind keine Hasardeure, die die Gesundheit ihrer Mitglieder leichtfertig aufs Spiel setzen. Insofern verdienen wir doch das Vertrauen der Politik und müssen nicht gegängelt werden in Belangen, in denen wir die fachspezifische Kompetenz haben und nicht die Politik, was die Umsetzung der Rahmenbedingungen für die einzelnen Sportarten anbelangt.
Dies ist übrigens kein billiger Vorwurf, sondern eine faktische Feststellung aufgrund mehrerer Wortbeiträge im Fernsehen, die mich zur Schlussfolgerung bringen, dass der Tanzsport völlig undifferenziert in unzutreffender Weise pauschaliert als Kontaktsportart eingestuft und damit in die Umsetzungsstufe 3 eingeordnet wird.
Wir wollen aber auch, dass nicht nur unter epidemischen Gesichtspunkten die Menschen gesund bleiben, sondern gerade und besonders unter psychischen Gesichtspunkten gesund bleiben, denn dieser Aspekt wird in der öffentlichen Diskussion stark vernachlässigt.
Im Übrigen darf ich aus meiner beruflichen Sicht als Individualpsychologe erwähnen, dass die psychische Destabilisierung und Schwächung, die Hoffnungslosigkeit und das Schüren von Ängsten (auch die Angst krank zu werden, durch überzogene Darstellung in den Medien), zu einer Reduktion des Immunsystems führt, was sich ungünstig auf die Ansteckungsmöglichkeit auswirken dürfte. Insofern könnten wir im Sport durch Maßnahmen zur Stärkung des Immunsystems und durch psychische Stabilisierung, durch Ermutigung und durch Freude und Hoffnung, die Ansteckungsrisiken reduzieren und nicht erhöhen.
Das Wiedereinstiegs-Konzept des Deutschen Tanzsportverbandes, das auch auf der Webseite des DOSB hinterlegt ist, füge ich meiner E-Mail bei, damit auch die Umsetzbarkeit der hier zum Ausdruck gebrachten Forderungen, nachvollzogen werden kann.
In Nordrhein-Westfalen dürfen beispielsweise die Tanzschulen öffnen mit der Maßgabe, dass die nicht-kontaktfreie Ausübung auf einen festen Tanzpartner beschränkt ist und im Übrigen der Mindestabstand von 1,5 Meter eingehalten wird. Das ließe sich 1:1 bei uns in den Vereinen umsetzen.
Sehr geehrter Herr Staatsminister. Sie würden tausenden Menschen nicht nur physisch und sportlich eine große Freude bereiten, sondern auch psychisch einen enormen Motivationsschub auslösen und auch unseren Sportvereinen wieder Mut machen, wenn Sie uns die Erlaubnis zur Individualisierung in den Wiedereinstig in den Leistungs- und Breitensport erteilen würden.
Ich danke für Ihr Verständnis, dass wir auf unsere Weise einen Beitrag, auch im politischen Interesse, leisten können, wollen und hoffentlich auch dürfen.
Mit sportlichen Grüßen
Rudolf Meindl
Präsident
Landestanzsportverband Bayern e.V.
Link zur Talkrunde im BR
Sehr sehr schade, wie da der Tanzsport da abqualifiziert wird – als Randsport – das ist schon echt diskriminierend, Herr Herrmann ist wohl der Meinung das beim Tanzsport wildfremde Leute engen Körperkontakt haben ????
In der Sendung gab es gerade mal 40 sec Platz für das Lateinpaar und den Trainer – ein Witz!
Schaut selbst: 1h 12 min – 1h 12min 40sec – echt schade.
Die meiste Zeit hatte Fussball – Fussball – Fussball – der Rest – unwichtig.